Unser Ansatz

Unser Ansatz gründet auf der vielfältigen Tradition des Indischen Yoga. Wir sind überzeugt von der Bedeutung von Yoga für Mensch, Gesellschaft und die natürliche Umwelt.

Neben dem reichen Erfahrungsschatz des Yoga bemühen wir uns darum, auch wissenschaftliche Erkenntnisse für unseren Yogaunterricht nutzbar zu machen und Impulse, die aus der wechselseitigen Beeinflussung von Yoga und modernen Disziplinen resultieren, aufzugreifen. Wir möchten mit dazu beitragen, den Weg des Yoga lebendig zu erhalten und dass Menschen in unserer Zeit Yoga als eine Quelle von Inspiration und Fülle erfahren. 

Für uns stehen die Menschen, die in die Yogapraxis kommen, mit ihrem persönlichen Erleben und ihren individuellen Bedürfnissen und Erfahrungen ganz im Mittelpunkt.

Die Basis unseres Unterrichts bilden der Ashtanga-Vinyasa und Vinyasa-Flow Yoga, die wir mit viel Freude und Leidenschaft auf undogmatische Weise weitergeben. Atemübungen (Pranayama) und Meditation gehören für uns nach Möglichkeit mit in jeden Unterricht. Mitunter schneiden wir in einzelnen Stunden philosophische oder andere Themen an, um auf diese Weise Wissen zu vermitteln und zu inspirieren aber auch um mit Teilnehmer*innen ins Gespräch zu kommen und den Gedanken- und Erfahrungsaustausch zu fördern. 

Die Yogapraxis ist für uns ein Ort der Begegnung, des Austauschs und für gegenseitige Unterstützung.

Den Ashtanga-Vinyasa Yoga betreffend haben wir über die Jahre einen vom herkömmlichen Ashtanga Narrativ abweichenden eigenen Ansatz entwickelt. Wir nennen ihn Ashtanga Free. Mit diesem Namen wollen wir sichtbar machen, dass wir in der Yogapraxis – mit angestoßen durch die Metoo-Debatte – einen vom „traditionellen“ Ashtanga Yoga in einigen Punkten sich unterscheidenden alternativen Weg gehen.

Wir möchten in der Yogapraxis Menschen in dem Bestreben, Yoga zu lernen und Fortschritte zu machen, individuell unterstützen. Gleichzeitig soll die Yogapraxis ein Ort sein, an dem wir alle Bemühungen und jeglichen Zwang, ein gutes Bild abgeben zu müssen, hinter uns lassen können.

Wir dürfen einfach wir selbst sein.

Und nicht jemand.

Denn im Yoga geht es nicht um Selbstoptimierung, sondern vielmehr um Selbsterfahrung.

Damit wir etwas wirklich Wertvolles über uns selbst erfahren können – und darüber hinaus –, müssen wir uns zuvorderst gestatten, wir selbst zu sein. Dies ist eine Praxis des Loslassens, des Seinlassens, der Akzeptanz. Wenn es uns gelingt, im Hier und Jetzt unseren Gedanken, Gefühlen und Empfindungen gegenüber aufgeschlossen zu sein und den Glauben, diesen Augenblick – das Leben – kontrollieren zu können, loslassen, werden wir besser erkennen, wer wir sind.

Yoga verlangt uns einiges an Ausdauer, Konzentration und Geduld ab. Es gibt viel zu tun – und viel loszulassen. Nur üben wir das Tun und das Lassen nicht nacheinander (erst machen wir Yoga und danach entspannen wir uns), sondern gleichzeitig. Dies ist ein zentraler Aspekt von Yoga: Sich einerseits zwar leidenschaftlich darum bemühen etwas zu erreichen, einem Ziel zuzustreben, zugleich sich aber darin üben, alle Anstrengung loszulassen:

“Sthira-sukham āsanam. Prayatna śhaithilyānanta samāpattibhyām.” 
Die Sitzhaltung [das Asana]: regungslos und angenehm. Alle Anstrengung loslassen, den Geist auf die Unendlichkeit gerichtet. (Patanjali II 46, 47)

Hierin liegt für uns ein heilsames Potential von Yoga. Denn im Tun die Anstrengung loszulassen kann nur gelingen, wenn wir bemerken, woran wir festhalten. Anders formuliert: wenn wir uns unserer Muster bewusst werden:

„Yoga ist ein Prozess, bei dem wir alte Muster durch neue, uns eher gemäße Muster ersetzen.“ (T. Krishnamacharya)

Bewegungsmuster, Atemmuster, Muster, wie wir gewöhnlich emotional ansprechen, oder gewohnheitsmäßig denken und handeln…

Heil sein verstehen wir – anders als die Biomedizin – allerdings nicht als einen objektivierbaren Zustand. Gesundheit – und Krankheit – erfahren wir stets subjektiv. Sie betreffen uns! Das, was für jeden einzelnen Sinn und Lebenszweck ausmacht, welche unterschiedlichen individuellen Wege und Strategien wir wählen, um Gesundheit zu schaffen oder um mit Leid und Schmerz umzugehen, stellt in jedem Fall einen großen persönlichen Reichtum dar, der wertgeschätzt werden darf.

So gesehen gibt es auch

„…keine optimale Gesundheit. Gesundheit ist einfach die Art und Weise, wie jemand sein persönliches Leben erlebt.“ (Dr. Rosemarie Rizzo Parse)

Mein persönliches Leben erlebe ich nicht körperlos: wir sind uns verkörpernde Wesen. Was ich in Gegenwart meines Körpers an mir selbst wahrnehme, dafür haben wir den Begriff des Leibes. 

Im Ganzen sind dies kognitiv Bewertungen, sensorisch Unterscheidungen und affektiv Energien oder Emotionen und Handlungsantriebe, die uns zu Bewusstsein kommen (in der Sprache der Neurowissenschaften: Körper-Selbst-Neuromatrix). 

Im Yoga wurde diese holistische Betrachtungsweise von uns als sich verkörpernde oder leibliche Wesen in Kosha-Modelle gefasst. Koshas sind Hüllen, die alle Aspekte des Lebendigen vom Grob- zum Feinstofflichen in eins fassen. 

Die Natur, die wir selbst sind und sinnlich erfahren, ist nicht getrennt von uns selbst.

So verstehen wir den Körper entgegen der gängigen und in unserer Kultur tief verwurzelten Vorstellung weder biomechanisch als Maschine (unser Körper ist immer auch kulturell geformt sowie politisch und sozial beeinflusst) noch dualistisch als getrennt von Geist und Seele.

Gleiches gilt für die Psyche, die Seele, unser Selbst: Ist es wirklich gleichbleibend, universal, transzendent oder nicht ebenfalls kulturell geformt? Bedarf unser Bewusstsein, unser Selbst nicht ebenfalls einer Verkörperung, eines Leibes?

Wir verkörpern uns, wir inkarnieren uns mit jedem Bewusstseinsmoment aufs Neue. Ein Gedanke, eine Tat und jeder Willensimpuls macht, dass wir verändert in die Existenz kommen und verwandelt in die Welt blicken. 

Daher ist der Gegenstand von Yoga eben nicht, anders als zunächst vermutet, der Körper und auch nicht der Geist. Wenn wir Yoga praktizieren, geht es immer ums Ganze. 

Der eigentliche Gegenstand von Yoga, so möchten wir vorschlagen, der Ort also, an dem alle körperlichen, seelischen und geistigen Aspekte, die das Leben ausmachen, untrennbar miteinander verwoben sind, ist der Leib. 

Ein altmodischer Begriff? Möglich. Aber keineswegs unzeitgemäß, denn hier erfahren wir die Natur, die wir sind, die Natur im Ganzen, nicht mechanistisch. Den Körper nicht automatisch zu objektivieren, die Natur wieder wertzuschätzen, das hätte zur Folge, dass wir auch unsere natürliche Umwelt wertschätzen würden. Über unser privates Ansinnen der Selbstsorge hinaus erhält Yoga dadurch auch eine ökologische Dimension.

Warum ist die Frage nach dem Gegenstand von Yoga – ob Körper & Geist oder Leib – so wichtig? 

Es berührt die Frage, ob wir Yoga im Modus der Fremderfahrung oder der Selbsterfahrung machen:

„Die Ausdrücke Körper und Leib bezeichnen erkenntnistheoretisch gesehen zwei differente Weisen, unsere Natur zu erfahren: im Modus der Fremderfahrung oder im Modus der Selbsterfahrung. Körper ist die Natur, wie sie uns in Fremderfahrung gegeben ist. Als Leib bezeichnen wir die Natur, wie sie uns in Selbsterfahrung gegeben ist.“ (Gernot Böhme)

Das neuzeitliche Denken ist davon geprägt, den Körper zu verdinglichen und durch die Vernunft zu instrumentalisieren und unter seine Kontrolle bringen zu wollen. Im Modus der Fremderfahrung aber wird der Körper zu einer Störquelle – und wir instrumentalisieren Yoga, um die Störquelle zu beseitigen.

Im Modus der Selbsterfahrung ist der Körper eine Quelle der Inspiration. 

In der Yogapraxis stehen wir ein für eine Philosophie, die den Modus der Selbsterfahrung favorisiert. Sich Einfühlen, Spüren und offen sein für das, was sich körperlich, emotional und mental zeigt. 

Eine Praxis bei der wir uns gestatten wir selbst zu sein ist zugleich expressiv. Unweigerlich bringen wir dabei etwas von uns selbst – oder uns selbst – zum Ausdruck. 

Menschen, die zu uns in die Yogapraxis kommen, sind herzlich eingeladen das ihnen Mögliche auf ihre ganz individuelle Art und Weise zu verwirklichen und hierbei ein Stückchen Erfüllung zu finden. So treten wir verwandelt von der Matte ins Leben!